Im Fall eines Verbraucherinsolvenz­verfahrens kann nicht ohne Weiteres das Insolvenzverfahren beantragt werden. Zur Entlastung der Gerichte muss zuvor eine außergerichtliche Schuldenbereinigung (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO) versucht werden. Für den Fall, dass der außergerichtliche Schuldenbereinigungs­versuch erfolgreich ist, wird ein Verbraucher­insolvenzverfahren nicht mehr durchgeführt, da in diesem Fall die im Schuldenbereinigungs­versuch getroffenen Regelungen für die Rechtsbeziehungen zwischen Schuldner/in und Gläubiger(n) maßgeblich sind.

Nach Stellung eines Insolvenzantrages kann das Insolvenzgericht Sicherungsmaßnahmen zur Verhinderung der Verschlechterung der schuldnerischen Vermögenslage anordnen, was in der Regel der Fall ist, wenn zu sichernde Vermögenswerte, insbesondere auch ein laufender Geschäftsbetrieb, vorhanden sind.  Zu den Sicherungsmaßnahmen gehört u.a. die vorläufige Insolvenzverwaltung. Durch das Insolvenzgericht wird dann ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt.

Die vorläufige Insolvenzverwaltung kann bedarfsabhängig auf zweierlei Weise angeordnet werden, einerseits in Form einer sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwaltung, andererseits in Form einer sog. starken vorläufigen Insolvenzverwaltung.

Bei der starken vorläufigen Insolvenzverwaltung werden dem vorläufigen Insolvenzverwalter schon im Eröffnungsverfahren die Kompetenzen eines endgültigen Insolvenzverwalters zugewiesen. Dies stellt in der Praxis den Ausnahmefall dar.

Die Anordnung der schwachen vorläufigen Insolvenzverwaltung hat zur Folge, dass der Schuldner lediglich noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters Verfügungen treffen darf, insbesondere Ausgaben nur noch mit dessen Zustimmung möglich sind, so dass sichergestellt ist, dass nur noch die Ausgaben getätigt werden, die insolvenzrechtlich korrekt sind und insbesondere der Fortführung des Betriebes dienen. Der vorläufige Insolvenzverwalter hilft, den Geschäftsbetrieb zu stabilisieren und dessen Fortführung sicherzustellen

Altverbindlichkeiten, d.h. Verbindlichkeiten, die zum Zeitpunkt der Antragstellung bestehen, werden grundsätzlich nicht mehr bedient. Bei diesen handelt es sich um Insolvenzforderungen der Gläubiger, die später im sich dem vorläufigen Insolvenzverfahren anschließenden eröffneten Insolvenzverfahren reguliert werden.

Auch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger werden bei Anordnung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung – sei es in Form einer schwachen, sei es in Form einer starken – durch das Insolvenzgericht regelmäßig untersagt bzw. eingestellt. Damit sollen bevorzugte Einzelbefriedigungen von Gläubigern und Vermögensschmälerungen verhindert werden.

Im vorläufigen Insolvenzverfahren kann zudem die Möglichkeit des Insolvenzgeldes in Form einer Insolvenzgeldvorfinanzierung in Anspruch genommen werden. Die sichert die Zahlung der Löhne und Gehälter der letzten drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die sich an die vorläufige Insolvenzverwaltung anschließt, ab und kann einen erheblichen Beitrag dazu leisten, das Unternehmen fortzuführen und zu sanieren.

Im vorläufigen Insolvenzverfahren wird das Unternehmen vom vorläufigen Insolvenzverwalter auch im Hinblick auf die Fortführungs- und Sanierungsmöglichkeiten wie auch die finanzielle Situation analysiert. Insbesondere wird geprüft, ob im eröffneten Verfahren die Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens oder die Veräußerung des Unternehmens im Rahmen einer sog. übertragenden Sanierung an einen Investor möglich ist. Ziel ist es grundsätzlich, die Stilllegung und Liquidation des Unternehmens durch die vorgenannten Maßnahmen möglichst zu vermeiden.

Wurde der Insolvenzantrag durch den Schuldner selbst oder die Geschäftsführung der Schuldnerin gestellt, handelt es sich um einen sogenannten Eigeninsolvenzantrag. Handelt es sich um einen Insolvenzantrag eines Gläubigers, handelt es sich um einen sogenannten Fremdantrag. Sowohl im Falle des Eigeninsolvenzantrages wie auch im Falle eines Fremdantrages kann das Insolvenzgericht einen Sachverständigen einsetzen, dessen Auftrag darin besteht, zu prüfen, ob ein Insolvenzgrund vorliegt und die Verfahrenskosten aus dem schuldnerischen Vermögen gedeckt werden können.

Die sog. Eigenverwaltung (§§ 270 ff. InsO) gibt dem Schuldner (natürliche und juristische Personen) die Möglichkeit, das Insolvenzverfahren unter Aufsicht eines gerichtlich bestellten Sachwalters überwiegend selbst abzuwickeln bzw. die Insolvenzmasse selbst zu verwalten; der Schuldner wird so gleichsam zum Insolvenzverwalter in eigener Sache. Hierfür muss der Schuldner nachweisen, dass er auf ausreichenden insolvenzrechtlichen Sachverstand über entsprechende Berater oder einen insolvenzerfahrenen Sanierungsgeschäftsführer zurückgreifen kann. Der Schuldner behält im Unterschied zum Regelinsolvenzverfahren die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und ist weiter aktiv- und passivlegitimiert in Bezug auf die laufenden Geschäfte. Lediglich im Fall der Begründung außergewöhnlicher Verbindlichkeiten ist die Zustimmung des Sachwalters erforderlich. Dem gerichtlich bestellten Sachwalter obliegt zudem allgemein die laufende Überwachung der Geschäftsführung und der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens. Hierzu korrespondiert die Verpflichtung des Sachwalters, im Fall der Feststellung von Umständen, die sich nachteilig für die Gläubiger auswirken können, den Gläubigerausschuss und das Insolvenzgericht entsprechend zu informieren. Das Insolvenzgericht kann in solchen Fällen gem. § 272 InsO die Eigenverwaltung aufheben und den Übergang in ein Regelinsolvenzverfahren anordnen. Üblicherweise wird in solchen Fällen der vorherige Sachwalter zum Insolvenzverwalter bestellt. Darüber hinaus verbleiben insolvenzrechtliche Sonderbefugnisse, wie die Geltendmachung von insolvenzspezifischen Anfechtungs- und Haftungsansprüchen, im Aufgabenbereich des Sachwalters. Zudem hat er die Insolvenztabelle zu führen, zeichnet also insbesondere für die Prüfung der angemeldeten Gläubigerforderungen verantwortlich. Die Anordnung der Eigenverwaltung setzt einen entsprechenden Antrag voraus, wobei die Anforderungen hieran gem. §§ 270f, 270b InsO zum 01.01.2021 aufgrund Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts vom 22.12.2020 erheblich verschärft wurden. Eine Sonderform des Eigenverwaltungsverfahrens ist das sog. Schutzschirmverfahren. Der Sinn des Eigenverwaltungsverfahrens ist die unbeschränkte Weiternutzung unternehmerischen Know-hows, sofern dies mit den Gläubigerinteressen vereinbar ist. Üblicherweise ist das Ziel des Verfahrens die Sanierung des Unternehmens, in der Regel in Verbindung mit einem Insolvenzplan, wobei auch ein Asset-Deal (sanierende Übertragung/ übertragende Sanierung) bzw. Mischformen in Betracht kommen.

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Verfügungsbefugnis bezüglich des schuldnerischen Vermögens auf den Insolvenzverwalter über. Er hat die vorhandenen Vermögenswerte zu sichern und dafür Sorge zu tragen, dass für die Insolvenzgläubiger die bestmögliche Quote als Ergebnis des Verfahrens aus den vorliegenden Möglichkeiten der Verwertung erzielt wird.

Der Insolvenzverwalter hat sämtliche Entscheidungsbefugnisse bezüglich der Fortführung des Betriebes, tritt also an die Stelle des Geschäftsführers bzw. Unternehmers. Er ist berechtigt, die Rechte aus von dem Schuldner abgeschlossenen Verträgen wahrzunehmen als auch die Pflichten hieraus zu erfüllen, sofern dies nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften zu erfolgen hat. Zudem übernimmt er die arbeitgeberrechtliche Funktion des Schuldners.

Die Insolvenzordnung räumt dem Insolvenzverwalter im Hinblick auf die Gestaltung von Vertragsverhältnisse bestimmte Sonderrechte ein. So kann er beispielsweise bei nicht erfüllten Verträgen wählen, ob diese erfüllt werden sollen, kann also für die Insolvenzmasse nachteilige Verträge sofort beenden, während der Vertragspartner seine hieraus bestehenden Ansprüche nur zur Insolvenztabelle anmelden kann. Weiterhin kann er bestehende Mietverhältnisse, bei denen der Schuldner Mieter ist, unabhängig von vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen mit der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen, ebenso wie er Arbeitsverhältnisse mit einer Frist von maximal drei Monaten zum Monatsende kündigen kann.

Vom Schuldner erteilte Aufträge und Geschäftsbesorgungsverträge erlöschen gem. §§ 115, 116 InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens können die Gläubiger ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter anmelden und Sicherungsrechte sowie weitere Rechte geltend machen, der diese sodann zu prüfen hat. Wenn Sicherungsrechte bestehen, hat der Insolvenzverwalter diese zu beachten und zu bedienen. Hierzu zählen insbesondere Aussonderungsrechte beispielsweise aus vereinbartem Eigentumsvorbehalten oder von Leasinggebern ebenso wie Absonderungsrechte beispielsweise aus Sicherungsübereignungen.

Im vom Insolvenzgericht im Eröffnungsbeschluss bestimmten Berichtstermin berichtet der Insolvenzverwalter den Gläubigerin über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners und die von ihm getroffenen bzw. beabsichtigten Maßnahmen. Dabei geht es insbesondere um den Erhalt und eine eventuelle Veräußerung des Betriebes oder die Möglichkeit der Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens, das im Ergebnis den Erhalt des Unternehmens durch einen Vergleich mit den Gläubigern ermöglicht. Hierzu können die Insolvenzgläubiger in der Gläubigerversammlung Entscheidungen treffen, die vom Insolvenzverwalter umgesetzt werden müssen. Das Ziel ist, im Ergebnis die bestmögliche Quote für die Gläubiger zu realisieren.

Im sogenannten Prüfungstermin werden die von den Gläubigern zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen geprüft. Gläubiger mit festgestellten Forderungen nehmen an einer Verteilung teil, bekommen also eine Quotenzahlung, die sog. Insolvenzquote.

Der Insolvenzverwalter hat regelmäßig gegenüber dem Insolvenzgericht als seiner Aufsichtsbehörde Bericht zu erstatten. Sobald die Abwicklungsarbeiten abgeschlossen sind, legt der Insolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzgericht Rechnung und reicht einen Schlussbericht ein, an den sich der Schlusstermin anschließt. Danach wird die Insolvenzquote an die Insolvenzgläubiger ausgeschüttet und das Insolvenzverfahren aufgehoben.

Sofern ein außergerichtlicher Einigungsversuch mit den Gläubigern scheitert, was durch eine geeignete Person gem. § 305 InsO zu bescheinigen ist, kann der Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens, verbunden mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung, durch den Schuldner gestellt werden. Mit diesem Antrag muss dieser dem Insolvenzgericht einen Schuldenbereinigungsplan einreichen.

Im Antrag hat der Schuldner anzugeben, ob er den gerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch für aussichtsreich hält. Unabhängig davon prüft das Gericht selbst, ob es diesem Schuldenbereinigungsplan Erfolgsaussichten bemisst. Sollte dies der Fall sein, ruht das Insolvenzantragsverfahren gem. § 306 InsO bis zur Entscheidung über den Schuldenbereinigungsplan für maximal drei Monate.

In diesem in der Praxis sehr selten vorkommenden Fall wird der Schuldenbereinigungsplan nebst Vermögensübersicht den Gläubigern durch das Insolvenzgericht zugestellt. Das Gericht fordert sie dabei auf, binnen einer Notfrist von einem Monat dazu Stellung zu nehmen. Das Insolvenzgericht hat darauf hinzuweisen, dass die Nichtäußerung innerhalb dieses Zeitraums als Einverständnis mit dem Schuldenbereinigungsplan gilt (§ 307 Abs. 2 InsO). Denn im Gegensatz zur außergerichtlichen Schuldenbereinigung gilt im Falle der gerichtlichen Schuldenbereinigung das Schweigen des Gläubigers als Zustimmung.

Gem. § 309 InsO kann das Insolvenzgericht die Verweigerung der Zustimmung eines Gläubigers unter den dort genannten Voraussetzungen ersetzen: Dies setzt zunächst voraus, dass mehr als die Hälfte der Gläubiger dem Schuldenbereinigungsplan zugestimmt hat und die Summe der Forderungen der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Ansprüche der Gläubiger ausmacht. Es wird also eine doppelte Mehrheit benötigt, die Kopf- und Summenmehrheit. Die Ersetzung der Zustimmung ist lediglich ausgeschlossen, wenn der Gläubiger, der Einwendungen erhoben hat, im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern nicht angemessen beteiligt wird oder dieser Gläubiger durch den Schuldenbereinigungsplan wirtschaftlich schlechter gestellt wird, als er bei Durchführung des Insolvenzverfahrens und der Erteilung der Restschuldbefreiung stünde. Beides ist jeweils vom Gläubiger glaubhaft zu machen.

Stimmen alle Gläubiger zu oder ersetzt das Insolvenzgericht fehlende Zustimmungen, gilt der Schuldenbereinigungsplan als angenommen. Dies wird durch das Insolvenzgericht per Beschluss festgestellt.

Die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung gelten damit als zurückgenommen.

Der Schuldenbereinigungsplan wirkt nur gegen die in ihm genannten Gläubiger und hat die Wirkung eines Vergleichs.

Sollte der gerichtliche Schuldenbereinigungsversuch nicht gelingen, wird das Verfahren über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das Gericht wieder aufgenommen.

Ein Insolvenzplan ist ein Sanierungsinstrument, welches sehr individuell ein- und umgesetzt werden kann. Im Kern handelt es sich bei einem Insolvenzplan um eine Art Vergleich mit sämtlichen Gläubigern, um auf dieser Grundlage zumeist den Fortbestand des bestehenden Rechtsträgers zu gewährleisten. Ebenso wie eine sanierende Übertragung setzt auch ein Insolvenzplan ein eröffnetes Insolvenzverfahren voraus. Die Vorschriften über den Insolvenzplan lassen in vielerlei Hinsicht sehr flexible Lösungen zu, sodass neben dem am häufigsten anzutreffenden Insolvenzplan mit dem Ziel der Reorganisation auch Insolvenzpläne als Übertragungsplan oder Liquidationsplan in Betracht kommen. Der Insolvenzplan setzt regelmäßig eine enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Stakeholdern und dem Insolvenzverwalter voraus, um die Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Plan zu schaffen. In der Praxis wird in den allermeisten Fällen der Insolvenzplan durch den Insolvenzverwalter ausgearbeitet.

Anders als ein Verbraucherinsolvenzverfahren, bei dem zwingend eine außergerichtliche Schuldenbereinigung durch den Schuldner durchgeführt werden muss, kann im Falle eines Regelinsolvenzverfahrens der Antrag umgehend beim Insolvenzgericht gestellt werden. Ein Regelinsolvenzverfahren kommt in Betracht, sofern es sich um eine juristische Person oder aber eine selbständig wirtschaftlich tätige Person (Selbständige/r) handelt, oder aber, wenn es sich um eine ehemals selbständig wirtschaftlich tätige Person (Selbständige/r) handelt, gegen die noch Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen, oder deren Vermögensverhältnisse nicht überschaubar sind. Von einer Unüberschaubarkeit ist bei mehr als 19 Gläubigern auszugehen.

Zu beachten ist, dass die Zulässigkeit eines Regelinsolvenzverfahrensantrages an bestimmte gesetzliche Voraussetzungen geknüpft ist, sodass es sich empfiehlt, sich anwaltlich beraten zu lassen oder zumindest die durch das zuständige Insolvenzgericht vorgehaltenen Antragsformulare zu nutzen.

Das Regelinsolvenzverfahren setzt einen Insolvenzantrag voraus, der sowohl durch den Schuldner, bei juristischen Personen durch die Geschäftsführung der Schuldnerin, oder aber durch einen oder mehrere Gläubiger gestellt werden kann. Die Durchführung eines Regelinsolvenzverfahrens hängt davon ab, dass ein Insolvenzgrund vorliegt und die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt werden können.

Insolvenzgründe sind bei natürlichen Personen (Selbständigen):

  • Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 InsO
  • Drohende Zahlungsunfähigkeit gemäß § 18 InsO (bei Eigenantrag)

Insolvenzgründe bei juristischen Personen sind:

  • Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 InsO
  • Drohende Zahlungsunfähigkeit gemäß § 18 InsO (bei Eigenantrag)
  • Überschuldung gemäß § 19 InsO.

Die Insolvenzordnung verfolgt das Ziel, in Schieflage geratene Betriebe nach Möglichkeit zu erhalten. Dies erfolgt im Wesentlichen zum Zweck der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung (§ 1 InsO), hat aber auch verschiedene weitere positive Effekte wie beispielsweise die Nachhaltigkeit der Sanierung und den Arbeitsplatzerhalt der im Betrieb beschäftigten Mitarbeiter.

Die Kehrseite dessen ist, dass Betriebe, welche selbst unter Zuhilfenahme der insolvenzrechtlichen Sanierungsinstrumente nicht saniert werden können, vom Markt genommen werden müssen. Dies dient dazu, die beteiligten Verkehrskreise vor einer Schadensvertiefung zu bewahren und Raum für neue Betriebe zu schaffen. Lassen die Rahmenbedingungen eine Sanierung nicht zu, beispielsweise weil die vertriebenen Produkte nicht marktgängig sind oder aber notwendige Fachkräfte im Betrieb nicht vorhanden sind und die Stellen auch nicht kurzfristig neubesetzt werden können, muss der Betrieb geschlossen werden. In einem solchen Fall spricht man von einer Liquidation. In diesem Fall wird der Insolvenzverwalter im Interesse der Gläubiger die vorhandenen Vermögensgegenstände verwerten, die vorhandenen Verträge abwickeln, die ggf. noch bestehenden Arbeitsverträge ordnungsgemäß beenden und ggf. Insolvenzgeldbescheinigungen erstellen.

Da für die hier gegebenen Informationen keine Rechtsberatung ersetzen kann oder soll, sind die nachfolgenden Ausführungen als unverbindliche Orientierungshilfe zu verstehen, für deren inhaltliche Richtigkeit keine Haftung übernommen werden kann:

Nach der Insolvenzordnung sind grundsätzlich zwei Insolvenzverfahrensarten zu unterscheiden. Zum einen das Regelinsolvenzverfahren, geregelt in den §§ 1 ff. InsO und zum anderen das Verbraucherinsolvenzverfahren (§§ 304 ff. InsO).

Das Regelinsolvenzverfahren ist einschlägig bei unternehmerisch tätigen Personen wie auch bei juristischen Personen sowie für ehemals selbständig Tätige, bei denen Schulden aus der ehemaligen selbständigen Tätigkeit aus Arbeits­verhältnissen im weitesten Sinn (Lohnforderungen, Lohnsteuer­forderungen, Sozialversicherungs­beiträge etc.) bestehen, oder aber bei denen die Vermögens­verhältnisse nicht überschaubar sind. Von einer Unüberschaubarkeit der Vermögens­verhältnisse im Sinne des Gesetzes ist in der Regel auszugehen, wenn der Schuldner oder die Schuldnerin über mehr als 19 Gläubiger verfügt.

In den übrigen Fällen, also bei den nicht (ehemals) selbständig wirtschaftlich tätigen Personen, ist das Verbraucherinsolvenzverfahren einschlägig.

Die Restschuldbefreiung soll dem redlichen Schuldner (natürlichen Person) die Möglichkeit geben, sich im Rahmen eines Insolvenz-/ Restschuldbefreiungsverfahrens zu entschulden, also einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen. Die Redlichkeit wird insbesondere durch die Erfüllung der Pflichten und Obliegenheiten des Schuldners im Insolvenz-/ Restschuldbefreiungsverfahren definiert. Die Verletzung dieser Pflichten und Obliegenheiten kann im Regelfall aber nur durch Gläubiger gerügt werden (§§ 290, 295 InsO), was im Ergebnis zu einer Versagung der erstrebten Restschuldbefreiung führen kann. Das Instrument der Restschuldbefreiung wurde in Deutschland mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung (InsO) zum 01.01.1999 eingeführt und ist in den §§ 286 ff. InsO näher geregelt. Entgegen einer landläufigen Annahme bewirkt die Erteilung der Restschuldbefreiung kein Erlöschen der Verbindlichkeiten; sie gewährt dem Schuldner lediglich persönlich ein Leistungsverweigerungsrecht bezüglich der im Insolvenzverfahren zu regulierenden Forderungen, führt also dazu, dass diese sich in sog. unvollkommen-zweiseitige Verbindlichkeiten umwandeln. Neuverbindlichkeiten, also solche Verbindlichkeiten, die durch den Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens neu begründet wurden, sind von der Restschuldbefreiung ausgenommen ebenso wie unter Umständen Verbindlichkeiten, die auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (insbes. resultierend aus Ordnungswidrigkeiten und Straftaten) des Schuldners beruhen. Auch die Kosten des Insolvenz-/ Restschuldbefreiungsverfahrens sind u.U. auch nach Verfahrensbeendigung und Erteilung der Restschuldbefreiung durch den Schuldner zu bezahlen, wenn die Einnahmen während des Verfahrens nicht ausreichend, um diese Kosten zu decken und die Kosten des Verfahrens durch die Staatskasse im Rahmen der sog. Stundung der Verfahrenskosten vorfinanziert wurden. Für Insolvenzanträge, die seit dem 01.01.2021 gestellt wurden, gilt, dass die Restschuldbefreiung nach einer Gesamtverfahrenslaufzeit von 3 Jahren erlangt werden kann.

Die Insolvenzordnung verfolgt das Ziel, sanierungsfähige Betriebe zu erhalten. Innerhalb eines Insolvenzverfahrens sind die Rahmenbedingungen für eine Sanierung erleichtert. Die Sanierung kann dabei entweder durch Umsetzung eines Insolvenzplanes oder durch eine sanierende Übertragung (auch übertragende Sanierung genannt) oder Mischformen erfolgen. In allen Fällen können die insolvenzrechtlichen und flankierenden Instrumentarien (z.B. verkürzte Kündigungsfristen, Insolvenzgeld) für die Sanierung nutzbar gemacht werden. Bei einer sanierenden Übertragung wird der operative Geschäftsbetrieb eines Unternehmens aus dem Unternehmen herausgelöst und im Rahmen eines sog. Asset-Deals auf einen neuen Rechtsträger übertragen. Die Schulden werden hierbei nicht übernommen, was für den Investor zu einer erhöhten Kalkulationssicherheit führt. Die Vorbereitung in Form einer Investorensuche, die Verhandlungen mit dem Investor, die Vertragsgestaltung, die Übertragung selbst und alle flankierenden Maßnahmen werden durch den Insolvenzverwalter vorgenommen.

Am 01.01.2021 ist das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) in Kraft getreten. Bis dahin gab es für Unternehmen in Liquiditätsschwierigkeiten nur zwei Möglichkeiten einer Sanierung: einerseits den Versuch einer privatautonomen, konsensualen Einigung mit einzelnen oder allen Gläubigern, andererseits die Sanierung über ein Insolvenzverfahren. Die Lücke zwischen einem Vergleich ohne jeglichen gesetzlichen Rahmen und der Entschuldung mit dem Stigma der Insolvenz schließt das StaRUG. Für Unternehmen wird somit eine weitere Möglichkeit geschaffen, frühzeitig, eigenverantwortlich und fern der Öffentlichkeit krisenhafte Situationen zu bewältigen. Das Kernstück ist der sogenannte Restrukturierungsplan, der Unternehmen einen sicheren Sanierungsrahmen einräumt und eine gerichtliche Aufsicht nur in Ausnahmefällen vorsieht.

Voraussetzung für den Eintritt in das Verfahren ist, dass das Unternehmen nur drohend zahlungsunfähig ist, die fälligen Verbindlichkeiten also aktuell und zukünftig noch begleichen kann. Es muss über ein Restrukturierungskonzept verfügen, auf dessen Basis es erfolgreich fortgeführt werden kann. Auch die Buchhaltung muss aktuell geführt und Rechnungslegungspflichten müssen erfüllt sein. Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann das geplante Restrukturierungsverfahren beim zuständigen Restrukturierungsgericht angezeigt werden. Es wird dann im Wesentlichen gerichtsfern geführt, soweit nicht Stabilisierungsanordnungen wie etwa Vollstreckungsverbote notwendig sind.

Der Restrukturierungsplan ist ähnlich zu einem Insolvenzplan. Anders als bei diesem, bei dem alle Gläubiger miteinzubeziehen sind, ist es bei einem Restrukturierungsplan jedoch möglich, nur einen Teil der Gläubiger in dieses Vergleichsverfahren einzubeziehen. Einzelne Forderungen sind vom Gesetzgeber jedoch zwingend ausgenommen, so etwa die von Arbeitnehmern.

Anders als im Fall einer Sanierung über ein Insolvenzverfahren bietet das Restrukturierungsverfahren nach dem StaRUG keine finanziellen Hilfen wie etwa Insolvenzgeldzahlungen, sodass das zu restrukturierende Unternehmen aus eigener Kraft die Voraussetzungen für eine Restrukturierung mitbringen muss.

Geraten die außergerichtlichen Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubiger ins Stocken oder kommen zum Stillstand, kann auf Antrag des zu restrukturierenden Schuldners zur Unterstützung ein Sanierungsmoderator nach dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) hinzugezogen werden. Dieser steht von Gesetzes wegen nicht im Lager des Schuldners, sondern ist eine vom Schuldner und Gläubiger unabhängige natürliche Person. Seine Aufgabe besteht im Kern in der Mediation zwischen Schuldner und Gläubiger. Für die Moderation selbst ist kein förmliches oder konkretes Verfahren vorgesehen. Im Rahmen der Moderation kommt es jedoch auch maßgeblich darauf an, Vergleichsberechnungen und Alternativszenarien darzustellen, sodass für die Gespräche vertieftes insolvenzrechtliches Know-how erforderlich ist und nahezu zwingend in die Gespräche miteingebracht wird. Wie auch unter dem StaRUG im Übrigen handelt es sich nicht um eine Moderation zwischen dem Schuldner und allen Gläubigern, sondern regelmäßig um die Moderation mit einem oder mehreren bestimmten Gläubigern.

Mit Bestellung durch das Restrukturierungsgericht findet ein fließender Übergang des Sanierungsversuchs vom außergerichtlichen Bereich in ein gerichtlich überwachtes Verfahren statt. Allerdings kommt die Sanierungsmoderation nur dann in Betracht, wenn keine Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist und – bei juristischen Personen – keine Überschuldung vorliegt (§ 94 StaRUG). Die Sanierungsmoderation ist als präventives Verfahren gedacht, um absehbar eintretende Unternehmensinsolvenzen zu vermeiden. Im Wesentlichen beschränkt sich die Überwachung auf die Einhaltung der Förmlichkeiten, vor allem das durch das Gesetz vorgesehene monatliche Reporting (§ 96 Abs. 2 StaRUG). Kongruierend hiermit wird auch die Einleitung dieses Verfahrens einschließlich der Bestellung des Sanierungsmoderators nicht öffentlich bekannt gemacht (§ 95 Abs. 2 StaRUG). Für den Fall, dass eine Zahlungsunfähigkeit und/oder – bei juristischen Personen – Überschuldung eintritt, hat der Moderator dies dem Restrukturierungsgericht (unverzüglich) anzuzeigen (§ 96 Abs. 4 StaRUG).

Das Verbraucherinsolvenzverfahren besteht aus vier Verfahrensstufen:

  • Außergerichtlicher Schuldenbereinigungsversuch
  • Gerichtlicher Schuldenbereinigungsversuch
  • Insolvenzverfahren
  • Restschuldbefreiungsverfahren

Durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 7.12.2011 (ESUG) wurde die Möglichkeit geschaffen, bereits im Rahmen des vorläufigen (Sicherungs-) Verfahrens in Eigenverwaltung zu agieren, was bis zu diesem Zeitpunkt erst im eröffneten Verfahren möglich war. Hierdurch wird gesichert, dass kein übergangsweiser Kontrollverlust der Geschäftsführung im Eröffnungsverfahren bis zur Verfahrenseröffnung eintritt. Zudem soll so auch vermieden werden, dass über die ansonsten notwendige Veröffentlichung der angeordneten Sicherungsmaßnahmen negative Öffentlichkeit hergestellt wird, wobei allerdings zu beachten ist, dass gerade in größeren Verfahren unvermeidbar ist, dass Informationen über das Verfahren an die Öffentlichkeit gelangen. Auch in kleineren und mittleren Verfahren werden zudem die beteiligten Verkehrskreise Kreise ohnehin Kenntnis von dem Verfahren erlangen. Kern ist auch bei der vorläufigen Eigenverwaltung, dass der Schuldner (natürliche und juristische Personen), in der Regel unterstützt durch qualifizierte Berater bzw. einen insolvenzerfahrenen Sanierungsgeschäftsführer, selbst weiter (nahezu) unbeschränkter Inhaber der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Schuldnervermögen bleibt, wobei er durch einen gerichtlich bestellten vorläufigen Sachwalter überwacht wird. Dieser hat dem vor-vorläufigen Gläubigerausschuss – falls ein solcher bestellt ist – und dem Insolvenzgericht anzuzeigen, falls ihm Umstände bekannt werden, die den Interessen der Gläubigergesamtheit zuwiderlaufen. Darüber hinaus ist seine Zustimmung zur Begründung außergewöhnlicher Verbindlichkeiten erforderlich. Der vorläufige Sachwalter kann zudem die Kassenführung an sich ziehen, also veranlassen, dass der Zahlungsverkehr über ein durch ihn eingerichtetes Konto geführt wird. Nachdem dies allerdings dem vorläufigen Sachwalter zumindest faktisch erhebliche Einwirkungsmöglichkeiten verleiht und parallel der Geschäftsführung erhebliche Beschränkungen auferlegt, ist dies zumindest im Standardfall nicht erstrebenswert, da es dem eigentlichen Sinn der vorläufigen Eigenverwaltung zuwiderläuft. Die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung setzt einen entsprechenden Antrag voraus, wobei die Anforderungen hieran gem. § 270b InsO zum 01.01.2021 aufgrund Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts vom 22.12.2020 erheblich verschärft wurden. Die vorläufige Eigenverwaltung soll in der Regel die Grundlage der Sanierung des Unternehmens in dem eröffneten Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durch einen Insolvenzplan, einen Asset-Deal (sanierende Übertragung/ übertragende Sanierung) oder Mischformen beider Instrumente legen.